Die Deutschen sollen künftig mit Wärmepumpen heizen. Das ist die Basis des Heizungsgesetzes und der Energiewende. Natürlich ist das nicht in allen Häusern möglich. Das weiß auch die Bundesregierung. Doch würde für den geplanten Wärmepumpen-Boom überhaupt der Strom reichen? Und ebenso wichtig: Sind die Stromnetze dafür ausgelegt oder müssen sie erst gebaut werden? Viele Experten zweifeln an der Machbarkeit der Pläne.
Bis 2030 sollen sich die Zahl der Wärmepumpen von etwas über einer Million auf knapp sechs Millionen erhöhen. Vor allem an extrem kalten Tagen könnten die Geräte eine erhebliche Belastung für die Stromnetze darstellen, warnte der Chef der Stadtwerke München, Florian Bieberbach.
Im Januar sagte auch der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, dass eine Überlastung und lokale Stromausfälle im Verteilnetz drohen. Dies gelte insbesondere dann, wenn viele neue Wärmepumpen und Ladestationen für Elektroautos ans Netz gehen.
Das Wirtschafts- und Bauministerium gehen indessen davon aus, „dass der zusätzliche Stromverbrauch von Wärmepumpen aufgrund ihrer hohen Effizienz, insbesondere bei der Nutzung von Umgebungswärme aus Luft, Erdreich oder Wasser, gering ist“.
Wärmepumpen – nicht genügend Strom, Netz überfordert
Vonovia, Deutschlands größter Immobilienkonzern, kann derzeit rund 70 Prozent seiner bereits installierten Wärmepumpen nicht nutzen. Das sagte Vorstandschef Rolf Buch der „Wirtschaftswoche“. Demnach fehlen aktuell viele Genehmigungen von lokalen Netzbetreibern, also den Stadtwerken vor Ort, um die Wärmepumpen anzuschließen.
Ein Grund dafür sei, so Buch, dass aktuell nicht genügend Strom zur Verfügung stehe, um die Wärmepumpen zu betreiben. Dezentrale Energieerzeuger drohen vielerorts die Stromnetze in den Lastspitzen zu überfordern. Zudem müsse noch geklärt werden, ob die für Wärmepumpen vorgesehenen Häuser gut genug gedämmt seien: „Die Kommunen brauchen dringend eine Strategie und einen Plan.
Bei den Wärmepumpen zeigt sich, dass gute Vorhaben politisch oft nicht zu Ende gedacht sind“, so Buch zur „Wirtschaftswoche“. Experten kritisieren immer wieder den hohen Aufwand, der aktuell noch mit der Installation von Wärmepumpen verbunden ist – vor allem, wenn es um die Stromversorgung geht. In vielen Fällen müssen dafür erst spezielle Leitungen verlegt werden.
Netzausbau wäre gigantisch
Die lokalen Netzbetreiber gehen derzeit davon aus, dass der Stromverbrauch in Deutschland aufgrund der Elektrifizierung von Verkehr und Wärme bis 2045 um mehr als das Doppelte steigen wird. Dieser steigende Verbrauch wäre in den aktuellen Ausbauplänen im Rahmen des Netzentwicklungsplans 2037/45 für das Übertragungsnetz berücksichtigt, sagte ein Sprecher des Berliner Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz Transmission.
Gemäß dem Ausbauszenario des Netzentwicklungsplans Strom 2013 müssen die Übertragungsnetzbetreiber bis 2032 rund 145.000 Kilometer neue Stromleitungen verlegen, um eine erfolgreiche Integration erneuerbarer Energien zu gewährleisten. Die Bundesländer schätzen ihrerseits den erforderlichen Ausbau sogar auf etwa 280.000 Kilometer ein.
Im Jahr 2022 betrug der gesamte Stromverbrauch, auch bekannt als Nutzlast, 484 Terawattstunden. Nach der letzten Prognose der Bundesregierung wird dieser bis 2030 auf rund 750 Terawattstunden ansteigen. Dies wäre ein Verbrauchszuwachs von über 37 Prozent.
Wärmepumpen brauchen viel Strom
Wirtschafts- und Bauministeriums gehen davon aus, „dass der zusätzliche Stromverbrauch von Wärmepumpen würden die geplanten fünf Millionen neuen Wärmepumpen bis 2030 weniger als 30 Terawattstunden (TWh) Strom benötigen. Das wären weniger als fünf Prozent des Stromverbrauchs im Jahr 2030.
Das Prognos-Institut kommt bei einer Berechnung im Auftrag des Wirtschaftsministeriums zu anderen Zahlen: Mit rund 5,5 Millionen Wärmepumpen ist danach ein Stromverbrauch von rund 33 TWh verbunden (2018 knapp 7 TWh). Gleichzeitig nimmt auch der Einsatz von Großwärmepumpen bei der Fernwärme zu (+9 TWh).
Insgesamt steigt der Stromverbrauch der Wärmepumpen im Zeitraum 2018 bis 2030 danach um 35 TWh auf rund 42 TWh. Werden zusätzlich die kleinen ungekoppelten Warmwasser-Wärmepumpen hinzugezählt, steigt der Stromverbrauch der Wärmepumpen um zusätzliche 3 TWh auf insgesamt 45 TWh.
Quelle: agrarheute, 22.06.2023